Lehrende: Dr. Michael Oliva Cordoba
Veranstaltungsart:
Hauptseminar
Anzeige im Stundenplan:
Semesterwochenstunden:
2
Credits:
4,0
Unterrichtssprache:
Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl:
5 | 25
Kontingentschema: Phil_Standard_WS1415
Weitere Informationen:
Für den erfolgreichen Besuch dieser Veranstaltung im Rahmen des Fachspezifischen Wahlbereichs werden 4 LP angerechnet.
Kommentare/ Inhalte:
Die Welt erscheint uns oft als eine Folge verknüpfter Ereignisse. Der durchschlagende Erfolg der Naturwissenschaften überzeugt heute viele, dass diese Verknüpfung kausaler Natur ist. Kausalität erscheint so als ein objektiver Zug der umgebenden Realität, als „Zement, der das Universum zusammenhält“. Diese Sichtweise hat sich tief eingegraben. Sie dient gar als Interpretationshilfe, mit der wir uns frühere Zeitalter verständlich machen. So ist etwa die gängige Charakterisierung der Kausaltheorie des Aristoteles realistisch: Seine Konzeption wird oft ontologisch gedeutet; die vier sogenannten „Kausalitäten“ als Züge der Realität rekonstruiert. Auch für das Verständnis des schottischen Empiristen David Hume stellt der kausale Realismus einen Hintergrund dar: Hume wurde lange als „gänzlich negativer“ Skeptiker gedeutet, der dem Anti-Realismus verfällt.
Kehren wir das Verfahren jedoch um, ergibt sich ein differenzierteres Bild. Natürlich dürfen wir die moderne Sichtweise nun nicht mehr zum Verständnis des Alten heranziehen. Stattdessen müssen wir Aristoteles und Hume so gut es geht aus ihrem jeweiligen Kontext heraus rekonstruieren. Das ist zwar eine Aufgabe für die Philosophiegeschichte, sie verspricht jedoch auch systematischen Ertrag. Sie macht auch für die heute bestimmende Weltsicht sichtbar, welche Rolle das Geschäft des Erklärens bei der Konstitution des Phänomens der Kausalität spielt. Die moderne Debatte um Wirksamkeit und Einfluss lebt dabei wesentlich vom Rückbezug auf die frühe Neuzeit. Insbesondere Hume ist hier bedeutsam. Seine Beobachtungen machen ihn auch heute noch zum Ausgangspunkt aller Forschungen zur Kausalität. In diesen Debatten fragt man immer auch nach der Kohärenz seiner Überlegungen. Eine der Spannungen, die besonders klar am zu Tage zu liegen scheinen, ist die für uns besonders relevante zwischen einem Psychologismus auf der einen Seite und einem Realismus auf der anderen.
In diesem Seminar wollen wir uns einer Untersuchung widmen, die man in vier Teile gegliedert denken kann: Im ersten Teil beginnen wir mit dem modernen locus classicus und untersuchen Humes Rede von Kausalität: Legt Hume wirklich zwei Definitionen der Kausalität vor? Welchen Gehalt und welche Rolle hat seine Rede von Notwendigkeit? Im zweiten Teil gehen wir auf die klassische griechische Antike zurück. Wir betrachten hermeneutisch-methodologische Einsichten zum Vorgängerbegriff unserer modernen Rede von Ursachen, dem altgriechischen Terminus „a?t?a“ (aitía), die womöglich unerwartete Pointen bereithalten. Schließlich beleuchten wir im dritten Teil die moderne analytische Kausalitätsdeutung. Diese geht etwa bei David Lewis von Hume aus, führt aber vielleicht weiter zurück in die Antike, als jedem bewusst sein wird. Im abschließenden vierten Teil wollen wir klären, inwiefern für alle diese Überlegungen der Gedanke zentral sein könnte, dass Kausalität sich im Geschäft des Erklärens konstituiert: Statt der Welt einfach objektiv an der Stirn abgelesen werden zu können, ergibt sich das Kausale erst in unserer subjektiven Organisation der Wirklichkeit. Damit wäre es nicht weniger wirklich, jedoch eben nicht im landläufigen Sinne „objektiv“.
Spezielle Kenntnisse oder Fähigkeiten, etwa in Logik oder Wissenschaftstheorie, werden nicht vorausgesetzt, sondern bei Bedarf vermittelt. Teilnahmevoraussetzungen sind mithin nur regelmässige, aktive Mitarbeit, die Offenheit dafür, Dinge auch von einem anderem, als dem lieb gewonnenen Standpunkt zu betrachten, und eine freundliche, sachliche Debattenkultur.
Da die Voraussetzungen für eine Präsenzlehre weiterhin nicht flächendeckend gegeben sind, findet die Veranstaltung zu den in STiNE angegebenen Zeiten als synchrone digitale Präsenzlehre über ZOOM statt. Alternative oder zusätzliche analoge oder digitale Angebote (wie z.B. Agora oder Commsy) werden nicht angeboten. Etwaige Sprechstunden finden ebenfalls als synchrone digitale Präsenzveranstaltungen über ZOOM statt. Sie finden zu per Email vereinbarten Zeiten statt, für den Zugang verwenden Sie bitte denselben ZOOM-Link wie den für die Veranstaltung.
Beachten Sie bitte auch das unvermeidliche Kleingedruckte:
- Der ZOOM-Link zur Teilnahme an dieser Veranstaltung wird rechtzeitig über STiNE an die zugelassenen Veranstaltungsnehmer versandt. Er ist vertraulich und darf Dritten nicht zugänglich gemacht werden.
- Eine Identifikation zur Feststellung der Teilnahmeberechtigung vor Veranstaltungsbeginn ist zwingend erforderlich.
- Zur Feststellung der Teilnahmeberechtigung ist zu Beginn jeder Sitzung die Nutzung der Videofunktion in Verbindung mit dem in der STiNE-Anmeldung verzeichneten Klarnamen ausreichend.
- Bedenken Sie, dass sie bei Abschaltung der Videofunktion und Änderung des Einwahlnamens im Verlauf der Sitzung nicht länger von unbefugten Teilnehmer zu unterscheiden sind, die nach 7. (unten) auszuschließen sind.
- Die Teilnahme ist nach Maßgabe der zum Veranstaltungszeitpunkt gültigen Dienstanweisung der Universität Hamburg auch ohne Videofunktion oder Klarnamen möglich. Sie erfordert aber dann andere, individuelle Identifikationsweisen, für die die betreffenden Teilnehmer sich rechtzeitig vor Veranstaltungsbeginn mit dem Veranstalter in Verbindung setzen müssen.
- Der Verzicht auf die rechtzeitige vorherige Absprache einer alternativen Identifikationsweise entkräftet nach ultra posse nemo obligatur den Einwand des unberechtigten Ausschlusses nach 7. (unten) konkludent. Für den Nachweis der alternativen Absprache und deren rechtzeitiger, vorheriger Erfüllung liegt die Beweislast bei dem Teilnahmebegehrenden.
- Eingewählten, deren Teilnahmeberechtigung nicht ermittelt werden kann, ist die Teilnahme zwingend zu versagen. Bitte achten Sie darauf, sich rechtzeitig vorher mit dem Veranstalter in Verbindung zu setzen, damit sie nicht von der Teilnahme am ZOOM-Meeting ausgeschlossen werden.
- Bedenken Sie schließlich auch, dass niemand gerne mit einem schwarzen Bildschirm oder einem Namensschild kommuniziert. Der ganze Punkt dabei, eine digitale Präsenzveranstaltung anzubieten ist der, dass wir miteinander reden, diskutieren und arbeiten können, als wären wir in einem Raum und es wäre keine Pandemie.
Bleiben Sie fröhlich und gesund und bis bald!
Literatur:
- Carnap, Rudolf (1931), „Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 432–465.
- Davidson, Donald (1963), „Actions, Reasons, and Causes“, in Davidson 2001, 3–20.
- –––––––– (1967), „Causal Relations“, in Davidson 2001, 149–162.
- –––––––– (1970), „Mental Events“, in Davidson 2001, 207–224.
- –––––––– (2001), Essays on Actions and Events, 2. Aufl., Oxford: Clarendon Press.
- Hocutt, Max (1974), „ Aristotle’s Four Becauses“, Philosophy 49, 385–399.
- Hume, David (1740), A Treatise of Human Nature, Oxford 2007: Clarendon Press
- –––––––– (1748), Enquiry concerning Human Understanding, Oxford 2007: Oxford University Press.
- Inwagen, Peter van (2002), „Free Will remains a Mystery“, in Kane 2002, 158–177.
- Kane, Robert (2002), The Oxford Handbook of Free Will, Oxford: Oxford University Press.
- Lewis, David (1973), „Causation“, The Journal of Philosophy 70, 556–567.
- –––––––– (1986), On the Plurality of Worlds, Oxford: Blackwell.
- Mackie, John (1980), The Cement of The Universe, Oxford: Clarendon Press.
- Read, Rupert & Richmann, Kenneth A. (Hgg.) (2000), The New Hume Debate, London: Routledge.
- Salmon, Wesley C. (1998), Causality and explanation, New York: Oxford University Press.
- Stanistreet, Paul (2002), Hume’s scepticism and the science of human nature, Abingdon 2017: Routledge.
Zusätzliche Hinweise zu Prüfungen:
Studienleistungen:
- aktive Teilnahme
- sorgfältige Vor-/Nachbereitung der Seminarsitzung
- weitere Studienleistungen werden ggf. am Anfang der Veranstaltung bekannt gegeben
Prüfungsleistung:
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