47-301 Ringvorlesung: "Lieben" (in Kooperation u.a. mit der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft)

Veranstaltungsdetails

Lehrende: Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.

Veranstaltungsart: Ringvorlesung

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Semesterwochenstunden: 2

Credits: 3,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 10 | 30

Kommentare/ Inhalte:
Nachdem unsere Ringvorlesung im Sommersemester 2019 dem Thema „Gewalt“ gewidmet war, wenden wir uns nun der „Liebe“ zu und bewegen uns damit weiter im Feld der Freudschen Triebtheorie. In seiner Schrift „Jenseits des Lustprinzips“ (Freud, 1920) entwickelte Freud ein dualistisches Triebkonzept mit der Polarität zwischen Thanatos, dem Todestrieb, und Eros. Eros ist gekennzeichnet durch das Bestreben, die lebende Substanz zu erhalten und zu immer größeren Einheiten zusammenzuschließen, umfasst Sexualität und Selbsterhaltung. Die sich in der Definition abzeichnende Breite dieses Triebbegriffes entspricht die Wahl des Plurals in der Formulierung unseres Leitthemas „Lieben“. Kulturgeschichtlich und historisch ist „Liebe“ ein schillernder Begriff, der nicht nur in der deutschen Sprache in vielfältigen Kontexten und in den unterschiedlichsten Konnotationen verwendet wird. Allgemein steht dieser Begriff für die stärkste Form der Hinwendung zu anderen Lebewesen, Dingen, Tätigkeiten oder Ideen. Die Beschäftigung mit der Liebe hat Dichter und Denker zu literarischen und philosophischen Höchstleistungen beflügelt. In unserer Vorlesung möchten wir uns aus psychoanalytischer und psychodynamischer Sicht einigen dieser vielen Facetten der Liebe zuwenden und dabei auch nach der Rolle der Liebe in der Psychotherapie fragen. Wir freuen uns sehr, dass wir dafür eine Reihe renommierter Referent*innnen  gewinnen konnten.

 
22.4.2021

Prof. Dr. Hans-Christoph Koller, Universität Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft

Die Liebe zum Kind und das Begehren des Erziehers. Zur pädagogischen Liebe bei Pestalozzi und Jean Paul

Der Vortrag nähert sich einem der klassischen Themen der Erziehungswissenschaft, dem pädagogischen Verhältnis, aus ungewohnter Perspektive. Gestützt auf Jacques Lacans linguistische Reformulierung der Psychoanalyse fragt er nach der unbewussten Struktur dieses Verhältnisses, die in den rhetorischen Formen der erzieherischen Interaktion zu suchen ist. Die Relation zwischen pädagogischer Liebe und dem Begehren des Erziehers wird deshalb an der sprachlichen Struktur pädagogischer Texte untersucht. Dabei zeigt sich, dass Pestalozzis pädagogische Liebe dazu tendiert, das Kind in eine symbiotische Bindung an den Erzieher einzuschließen, während Jean Pauls Pädagogik in ihrer metonymischen Schreibweise die prinzipielle Offenheit jeder Erziehung und eine irreduzible Andersheit des Kindes anerkennt.

29.4.202
                 
Sebastian Krutzenbichler, Dipl-.Psych., Lehranalytiker der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG), psychoanalytische Privatpraxis in Siegen/Bad Berleburg 

Eine Liebe VOR dem ersten Blick

Die Vorlesung beschäftigt sich mit einem denkwürdigen Dialog zwischen Psychoanalyse und Liebe. In dessen Verlauf wird ein Streifzug durch die Geschichte der Psychoanalyse zeigen, wie nur durch die Zurückweisung des Versuches, das zügellos Wilde der Liebe zu bändigen, zu kartographieren und in die Enge von unzutreffenden Begrifflichkeiten zu zwingen, das gelingen kann, wofür die Psychoanalyse erfunden wurde: Verdrängte Liebe zu befreien.
 
6.5.2021

Prof. Dr. Ilka Quindeau, Dipl.-Psych., Dipl.-Soz., Professorin für Klinische Psychologie und Psychoanalyse an der Frankfurt University of Applied Sciences; ehem. Präsidentin der IPU, Lehranalytikerin DPV/IPA.

Liebe und Begehren in der Psychotherapie

Verführung, Liebe, Begehren sind Themen und Grenzorte der Psychotherapie. Was aber geschieht, wenn in der sogenannten „Übertragungsliebe“ diese Themen in  der Behandlung unmittelbar lebendig und fühlbar werden? Wie wird in der psychoanalytischen Therapie damit umgegangen und wozu ist das alles gut? 

 
20.5.2021

Prof. Dr. med. Peer Briken, Direktor - Institut für Sexualforschung, Sexualmedizin & Forensische Psychiatrie, Direktorium - Institut für Psychotherapie, Ärztlicher Leiter - Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Die GeSiD Studie - Gesundheit und Sexualität in Deutschland

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wurde in Deutschland bisher keine nationale Erhebung zu den sexuellen Einstellungen, Lebensstilen und Verhaltensweisen der erwachsenen Allgemeinbevölkerung durchgeführt. Ziel der GeSiD Studie war es, im Jahr 2018/2019 eine repräsentative Stichprobe von 5.000 Männern und Frauen im Alter von 18-75 Jahren zu befragen. Als Stichprobendesign wurde, wie bei anderen qualitativ hochwertigen Erhebungen in Deutschland, der registerbasierte Auswahlansatz gewählt. Es wurden Face-to-Face-Interviews in Privathaushalten an 200 Sample Points in ganz Deutschland mit computergestützten Methoden durchgeführt, um Daten zu sexuellem Verhalten, sexuellen Einstellungen und sexuellen Beziehungen mit einer Reihe von Ergebnissen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit zu erhalten.  Verlässliche Daten zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit in Deutschland werden dringend für eine evidenzbasierte Präventions- und Gesundheitsförderungsarbeit und für länderübergreifende Vergleiche der Entwicklung des Sexualverhaltens in Europa benötigt. Im ersten Teil der Vorlesung werden empirische Daten aus der Studie gezeigt (u.a. zu sexuellen Dysfunktionen). Im zweiten Teil der Vorlesung wird der Versuch unternommen die empirischen Daten in Hinblick auf psychodynamische Fragestellungen hin zu diskutieren.


3.6.2021

Dipl.-Psych. Almut Rudolf-Petersen, Psychoanalytikerin DPG, Psychoanalytische Praxis, Hamburg

„Identitätskategorien machen mich immer nervös.“ – Queertheoretische und psychoanalytische Überlegungen zu homosexuellen Liebesbeziehungen

Macht es Sinn, von ›homosexueller‹ Liebe zu sprechen? Die Philosophin Butler verweist darauf, dass die Positionen von Kopie und Original – also auch die häufig implizierte Ableitung der Homosexualität von der Heterosexualität (oder auch umgekehrt) – instabil und logisch zweifelhaft sind. Auch die Psychoanalytikerin Quindeau hält es für sinnvoll, im psychoanalytischen Diskurs auf die Unterscheidung zwischen Homo- und Heterosexualität zu verzichten und ›mit Freud davon auszugehen, dass das Variabelste am Trieb das Objekt ist‹. Gleichzeitig sind diese Identitätskategorien, z.B. die Ikonographie von Butch/Femme auch Orte der Widerständigkeit und des Genusses.


10.6.2021 

Dipl.-Psych. Dr. phil. Annegret Boll-Klatt, Psychologische Psychotherapeutin, Institut für Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf 
Dipl.-Psych. Mathias Kohrs, Psychoanalytiker DGPT, Psychoanalytische Praxis, Hamburg

Selbstliebe: zu viel oder zu wenig? Zum Verständnis und zur Behandlung narzisstischer Pathologien -

Die Fülle der Selbsthilfeliteratur mit Ratgebern, Anleitungen und Trainingsprogrammen zur Förderung und Stärkung von Selbstliebe, Selbstwert und Selbstachtung veranschaulicht deren lebenspraktische Relevanz. Ein ähnlicher Eindruck entsteht, wenn man sich der Thematik von wissenschaftlicher Seite nähert. Vor allem in der einschlägigen gesellschaftspolitischen und sozialpsychologischen Literatur hat die Beschäftigung mit der Selbstliebe - zusammengefasst unter dem Begriff des Narzissmus - nun schon seit einigen Jahrzehnten Hochkonjunktur, oft pointiert verdichtet in der Aussage, dass wir in einem narzisstischen Zeitalter leben. Neben dieser kulturkritischen Sicht wollen wir uns in unserem Vortrag schwerpunktmäßig der klinischen Bedeutung des Narzissmus-Konzeptes aus psychoanalytischer Perspektive zuwenden. Die Metapher des „erregten Stillstandes“ beschreibt anschaulich den inneren Zustand und damit auch die Not und das Leid vieler narzisstisch gestörter Patient*innen, die sich hinter den typischen narzisstischen Phänomenen wie der Egozentrik, den Selbstüberhöhungen sowie den arrogant-hochmütigen Verhaltensweisen verbergen. Konträre theoretische Positionen, die um die schwer zu fassende Paradoxie zwischen grandioser Unabhängigkeit und existenzieller Angewiesenheit ringen, prägen die modernen Behandlungskonzeptionen, deren therapeutische Nutzung in der Vorlesung skizziert wird.


17.6.2021 

Dipl.-Psych. Christiane Schrader, Psychologische Psychotherapeutin, Psychotherapeutische Praxis in Frankfurt

Über die vielfältige Liebe im Alter

In jedem Alter und Abschnitt unseres Lebens bleibt die Liebe das Gefühl unserer existenziellen Bezogenheit auf andere, anderes und auf  uns selbst. Auch für ältere und alte Menschen gehört sie zum großen Lebenstrieb, dem verbindenden Eros (Freud), zur partnerschaftlichen und leidenschaftlichen Liebe, zur wechselseitigen wie altruistischen Liebe zu Geschwistern, Kindern, Enkeln, zu Freundinnen und Freunden und anderen Wahlverwandtschaften, die gerade für die zunehmende Zahl der im Alter Alleinstehenden besonders wichtig sind. Alle diese Liebesbeziehungen sind immer auch dynamisch, ambivalent und konflikthaft – und schließen ebenso den Rückzug von der Liebe ein. Angesichts unserer Lebensdauer gibt es Chancen und Krisen für „alte“ Lieben, Partnerschaften und Ehen, die niemals zu lange dauerten wie heute und mehr Möglichkeiten als je, auch im Alter eine neue Liebe zu finden – was nicht nur für heterosexuelle Lieben, Partnerschaften und Ehen gilt. Es gab es noch nie so viele Großeltern wie heute, und Liebe und Beziehungen zu Enkeln werden zumeist als freudige Bereicherung und Trost im Hinblick auf die eigene Sterblichkeit erlebt. Im Alter zunehmende Erkrankungen oder Verluste der Partnerin/des Partners stellen auch für die Liebesbeziehung besondere Herausforderungen dar; die Corona Pandemie hat uns dies gerade bedrückend vor Augen geführt. Wir betrachten heute die Entwicklung im Alter nicht mehr als defizitäre Entwicklung, sondern als komple

Zusätzliche Hinweise zu Prüfungen:
Für den Erwerb von 3 Leistungspunkten (LP) ist die Anfertigung je eines Protokolls zu drei der Vorlesungen sowie einer Reflexion dieser Vorlesungen aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive erforderlich.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende
1 Do, 22. Apr. 2021 19:00 20:30 Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.
2 Do, 29. Apr. 2021 19:00 20:30 Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.
3 Do, 6. Mai 2021 19:00 20:30 Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.
4 Do, 20. Mai 2021 19:00 20:30 Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.
5 Do, 3. Jun. 2021 19:00 20:30 Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.
6 Do, 10. Jun. 2021 19:00 20:30 Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.
7 Do, 17. Jun. 2021 19:00 20:30 Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.
8 Do, 24. Jun. 2021 19:00 20:30 Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.
9 Do, 1. Jul. 2021 19:00 20:30 Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.
Veranstaltungseigene Prüfungen
Beschreibung Datum Lehrende Pflicht
1. Studienleistung Studium Generale/Wahlbereich k.Terminbuchung Ja
Übersicht der Kurstermine
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Lehrende
Annegret Boll-Klatt Dipl.-Psych.