52-230 Deutschsprachige Ethnopoesie? Hubert Fichte im Vergleich (IntLit) [DSL-A4] [DE-A4] [DSL-A11] [DE-A11] [DSL-W]

Lehrende: Dr. Angelika Jacobs

Veranstaltungsart: Seminar Ib

Anzeige im Stundenplan: Ethnopoesie

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 35

Weitere Informationen:
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Dass die Verschränkung des Realen und Imaginären eine Konstante in der Begegnung mit dem Fremden darstellt, zeigt schon die drastische Phantastik der frühesten Reiseberichte. Im 20. Jahrhundert erwächst aus der Kritik am Kolonialismus und an der 'imaginären Ethnographie' des 19. Jahrhunderts (Kramer) die prinzipielle Frage nach dem Wirklichkeitsgehalt unserer Wahrnehmung. Sie spielt sowohl in der ethnologischen Forschung als auch in der literarischen Narrativierung von Fremderfahrungen eine zentrale Rolle und wird im Paradigma "Ethnopoesie" grundlegend reflektiert. Die westeuropäischen Ethnopoeten des 20. und 21. Jahrhunderts suchen Mittel und Wege, um sich mit den Lebens- und Glaubensformen vor allem oraler Kulturen auseinanderzusetzen. Dabei wollen sie die Fallstricke objektiv-wissenschaftlicher und subjektiv-literarischer Stereotypisierung gleichermaßen meiden, indem sie die Verbindung von Realem und Imaginärem als Basis des Kulturkontakts anerkennen und methodisch reflektieren. Das Seminar will die literarische Vorgeschichte des Paradigmas "Ethnopoesie" erkunden, die zur Kritik des Exotischen (Victor Segalen, Robert Müller) und zur avantgardistischen Konjunktur des Primitiven (Carl Einstein) zurückführt, aber auch Anschluss an aktuelle Vertreter wie Michael Roes vermitteln. Im Zentrum stehen die Darstellungen französischer Ethnologen (Claude Lévi-Strauss, Michel Leiris) als Vorgaben für Hubert Fichte, der als erster deutscher Ethnopoet gilt, dem französischen Paradigma jedoch kritisch gegenübersteht. Ausgewählte Werke von Leiris und Fichte sollen eingehend auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Vermittlung von Realem und Imaginärem hin untersucht werden, wobei das Verhältnis zur rituellen Trance eine besondere Rolle spielt. Reader und Bibliographie werden vor Semesterbeginn zur Verfügung gestellt (s. Aushang).
Primärliteratur:
Akzente 24 (1977), Heft 3 (Schwerpunkt: Ethno Poesie); Hubert Fichte: Der Platz der Gehenkten; Explosion - Der Roman der Ethnologie; Xango; Homosexualität und Literatur. Polemiken (sämtlich Fischer-Taschenbücher).
Hans Jürgen Heinrichs (Hg.): Michel Leiris. Die eigene und die fremde Kultur. Ethnologische Schriften. Aus dem Franz. v. Rolf Wintermeyer. Frankfurt/M.: Syndikat 1977; Michel Leiris: Phantom Afrika. Tagebuch einer Expedition von Dakar nach Djibouti. 2 Bde. Frankfurt/M.: Syndikat 1980.
Sekundärliteratur:
Peter Braun / Manfred Weinberg (Hg.): Ethno/Graphie. Reiseformen des Wissens. Tübingen: Narr 2002; Irene Albers: "Die Interpretation des Fremden durch Mimesis": Michel Leiris' Ethnographie und Poetik der Besessenheit. In: Elisabeth Vogel u. a. (Hg.): Zwischen Ausgrenzung und Hybridisierung. Zur Konstruktion von Identitäten aus kulturwissenschaftlicher Perspektive. Würzburg: Ergon 2003. S. 225-248; Irene Albers / Helmut Pfeiffer (Hg.): Michel Leiris - Szenen der Transgression. München: Fink 2004; Mark Münzel / Bettina E. Schmidt / Heike Thote (Hg.): Zwischen Poesie und Wissenschaft. Essays in und neben der Ethnologie. Marburg: Curupira 2000; Hans-Jürgen Heinrichs: Erzählte Welt. Lesarten der Wirklichkeit in Geschichte, Kunst und Wissenschaft. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1996; Karl Katschthaler: Xenolektographie. Lektüren an der Grenze ethnologischen Schreibens und Lesens. Hubert Fichte und die Ethnologen. Frankfurt/M. u.a.: Lang 2005; Michael Rieger: Die Welt durch sich hindurchlassen. Hubert Fichtes Werk als Medium ästhetischer Erkenntnis. Frankfurt/M. u. a.: Lang 2009.
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