Lehrende: Johanna Langmaack
Veranstaltungsart: Seminar Ib
Anzeige im Stundenplan: Risiken
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 25
Weitere Informationen: [dsl-a4] [de-a4] [dsl-w]
Kommentare/ Inhalte: Obgleich Kino, Radio, Fernsehen und Internet dem Buch Konkurrenz machen, ist das Lesen noch immer ein zentrales Thema in der Literatur des 20. Jahrhunderts. Wenn literarische Figuren lesen, hinterlässt die Lektüre tiefgreifende Spuren bei ihnen. Als "Gift", "Droge", "Impfstoff" oder "Heilmittel" arbeitet sich die Schrift in die Körper der Lesenden ein. Einwirkung auf die Gesundheit oder die Gefühle sind die Folgen. Nachdem das Verdikt "Krank" und "Entartet" im Nationalsozialismus auch über Bücher verhängt wurde, zeigt sich die Literatur nach 1945 besonders sensibel gegenüber den Wirkmöglichkeiten des eigenen Mediums und thematisiert durch die Schrift provozierte Affekte in unterschiedlicher Form. Im Seminar nähern wir uns dem Pharmakon Schrift mittels eines 'Close-Readings' von Ingeborg Bachmanns "Malina" (1971), W.G. Sebald "Max Aurich" (1992) und Ulla Hahns "Das verborgene Wort" (2001). In allen drei Werken sind Schrift und Lektüre ein zentrales Thema, und ihr Eingang in den (Text-)Körper und das Leben der "Schriftkonsumenten" wird auf je eigene Art beschrieben. Der Umgang mit Text wird als euphorisierend, belebend oder betäubend konturiert, die Schrift als Suchtstoff oder Überlebensmittel gezeigt. Die Werke präsentieren die Schrift dabei weniger als Sinn vermittelnd, vielmehr scheint die Lektüre die Sinne der Lesenden anzuregen. Damit geben sie auch den Anstoß, die eigene literaturkritische Arbeit zu reflektieren. Diese gesundheitlichen, pharmakologischen Auswirkungen der Schrift sind ein zentraler Gegenstand aktueller kulturwissenschaftlicher Diskussionen. Textausschnitte der Literaturtheoretiker J. Derrida, L. Fuest, A. Ronell und O. Ette geben einen Überblick über derzeit in der Forschung diskutierte Thesen und Paradigmen. Für das Seminar bieten sie wichtige kulturtheoretische Impulse und fundieren die Diskussion. Literatur: Primärliteratur: Ingeborg Bachmann: Malina, Frankfurt a.M. 1971; W.G. Sebald: Max Aurach, in: ders.: Die Ausgewanderten, Frankfurt a. M. 1992; S. 217-355; Ulla Hahn: Das verborgene Wort, München 2001. Theorietexte: Otto Ette: Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft. Eine Programmschrift im Jahr der Geisteswissenschaften, in: Wolfgang Asholt, Ottmar Ette (Hg.): Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft. Programm - Projekte - Perspektiven, Tübingen 2010, S. 11-38; Fuest, Leonhard: Für eine Pharmakopoetik. Erste Fragmente, Hamburg 2011: <http://www.dekonstrukte.de/dekonstrukte/images/stories/pdf/Fuest_Fr_eine_Pharmakopoetik.pdf>. * * *