Lehrende: Britta Maria Wittchow
Veranstaltungsart: Seminar Ib
Anzeige im Stundenplan: Herzog Ernst
Semesterwochenstunden: 2
Credits: 3,0
Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 30
Kommentare/ Inhalte: Das Seminar beschäftigt sich mit einem Vertreter einer der längsten vollsprachigen Stofftraditionen – dem anonym überlieferten, auf das frühe 13. Jahrhundert datierten mittelhochdeutschen Versroman Herzog Ernst. Die außergewöhnliche Beliebtheit der Erzählung, die sich in zahlreichen Bearbeitungen vom Mittelalter über die Frühe Neuzeit bis ins 19. Jahrhundert niederschlägt, mag daran liegen, dass sie Motive und Erzählstrukturen unterschiedlicher Textsorten spannungsvoll miteinander kombiniert. Das höfische Leben mit seinen Idealen und Intrigen spielen darin ebenso eine Rolle wie heldenepisch inspirierte Schlachten, Kreuzzüge und faszinierende Erlebnisse in einem wunderbar-exotischen Orient – das alles fokussierend auf einen strahlenden, den ritterlichen Tugendidealen entsprechenden Helden: Der bayerische Herzog Ernst wächst nach höfischem Tugend- und Bildungsideal auf und gewinnt so das Vertrauen und die Gunst des Kaisers Otto, was wiederum Konkurrenten mit intriganten Absichten auf den Plan ruft. Es entsteht eine Auseinandersetzung zwischen Herzog Ernst und dem Kaiser, die schließlich eskaliert und ersteren dazu zwingt, das Land zu verlassen. So bricht er mit seinem treuen Begleiter Wetzel zu einem Kreuzzug auf. Auf seiner Reise verschlägt es ihn jedoch zunächst ungewollt in den Orientraum, wo er mit beeindruckend prächtigen Städten, hybriden Wundervölkern und exzeptionellen Gefahren konfrontiert wird. Erst nach zahlreichen Reiseabenteuern kann der Held sich wieder seinem eigentlichen Vorhaben widmen. Zuletzt wird ein feudal-adliger Versöhnungsprozess mit Kaiser Otto und die Rückkehr nach Bayern initiiert. Entsprechend dieser Vielzahl an Themen und Erzählmustern sind vielfältige Forschungsperspektiven auf diesen Text möglich. Das Seminar versucht, möglichst viele von ihnen aufzugreifen und zu diskutieren. Dabei bietet sich besonders ein raumtheoretischer Zugriff an, der mit Hilfe der Fragestellung, wie Räume erzählt und ausgestaltet werden, versucht, unterschiedliche Diskurse des Textes (Familie, Genealogie und Herrschaft, Eigen- und Fremderfahrung sowie das Wunderbare) offenzulegen. .
Literatur: Gearbeitet wird im Seminar mit der zweisprachigen Reclam-Ausgabe von Bernhard Sowinski: Sowinski, Bernhard: Herzog Ernst. Ein mittelalterliches Abenteuerbuch / in der mittelhochdt. Fassung B nach der Ausg. von Karl Bartsch mit den Bruchstücken der Fassung A hrsg., übers., mit Anm. und einem Nachw. vers. von Bernhard Sowinski [nachdr. der durchges. und verb. ausg. 1979], Stuttgart 1998