55-01.202.402 Pierre Bayle: Toleranz (P)

Lehrende: Prof. Dr. Rolf Puster

Veranstaltungsart: Hauptseminar

Anzeige im Stundenplan:

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 4,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 1 | 21

Kontingentschema: Phil_Standard_WS1415

Weitere Informationen:
Für den erfolgreichen Besuch dieser Veranstaltung im Rahmen des Fachspezifischen Wahbereichs werden 4 LP angerechnet.

Kommentare/ Inhalte:
In der jüngeren Forschung herrscht ein breiter Konsens darüber, dass Pierre Bayles Toleranzschrift von 1686 den (bekannter gebliebenen) themenverwandten Arbeiten Spinozas und Lockes an philosophischer Substanz mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen ist. Da religiöse Toleranz eine wichtige Antwort auf ein Konfliktpotential darstellt, welches hochgradig pluralistischen Gesellschaften immanent ist, ist das Werk Bayles heute kaum minder aktuell als zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung. Erfreulicherweise ist es vor wenigen Jahren in einer neueren deutschen Übersetzung zugänglich geworden, welche in der unten genannten Ausgabe die Textgrundlage des Seminars bilden soll.

Die philosophisch naheliegenden Fragen nach der Natur und Begründbarkeit religiöser Toleranz, welche meist als Tugend oder als moralische Forderung verstanden wird, sind keine trivialen Fragen. Ihre Komplexität wird selbst in neueren Arbeiten (wie der Einleitung der deutschen Neuübersetzung) unterschätzt, wenn man - bezüglich des Horizonts des 17. Jahrhunderts sicherlich nicht ganz zu Unrecht - unterstellt, dass sie sich auf der Grundlage eines metaethischen Kognitivismus/Objektivismus einerseits und einer Konzeptualisierung der Religion als Überzeugungssystem andererseits beantworten lassen. Mit diesen Unterstellungen wird man den motivationalen Aspekten von Moral und Religion jedoch schwerlich gerecht, und es ist eine hermeneutisch spannende Frage, ob Bayle in diesem Punkt nicht gelegentlich hellsichtiger war als seine modernen Interpreten.

Das Hauptseminar verfolgt somit nicht bloß ein historisches Interesse (und wird deshalb auch nicht von dem Ehrgeiz angetrieben, alle 300 Druckseiten flächendeckend zu besprechen), sondern es soll auch dazu beitragen, die Phänomene, die bei der Erörterung der religiösen Toleranz philosophisch in den Blick treten, systematisch gründlicher zu erfassen. Idealerweise sollte sich die Bereitschaft zur gründlichen Lektüre des keineswegs immer flüssig zu lesenden Basistextes mit der disziplinierten Einbringung moral- und religionsphilosophischer Vorkenntnisse verbinden.

Literatur:
Literatur (Seminargrundlage):
Pierre Bayle (2016): Toleranz. Ein philosophischer Kommentar. Hrsg. von Eva Buddeberg und Rainer Forst. Aus dem Französischen von Eva Buddeberg. Berlin. (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft; 2183.)

Zur Einführung:
Philip Milton (2011): Religious toleration. - In: Desmond M. Clarke and Catherine Wilson (Eds.): The Oxford handbook of philosophy in early modern Europe. Oxford [u.a.]. S. 571-590.
Elisabeth Labrousse (1993): Pierre Bayle. - In: Jean-Pierre Schobinger (Hrsg.): Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Bd. 2: Frankreich und Niederlande. Basel. Bd. 2.2, S. 1025-1043.

Zusätzliche Hinweise zu Prüfungen:
Studienleistungen:

• aktive Teilnahme
  
• sorgfältige Vor-/Nachbereitung der Seminarsitzung
  
• weitere Studienleistungen werden ggf. am Anfang der Veranstaltung bekannt gegeben
  

• Hausarbeit (o.ä.)